Mittwoch, 28. Dezember 2011

Ich möchte meine Gedanken befreien, sie fliegen lassen ...

Wir betrachten den inzwischen von Dunkelheit erfüllten Himmel. Nach und nach erscheinen immer mehr Sterne am Horizont. Das Bild gleicht einem rauschenden Fest, auf dem mit der Zeit alle Königinnen eintrudeln. Ohne etwas zu sagen, liegen wir lange Zeit da. In ein riesiges Universum blickend, suchen wir nach dem verborgenen Geheimnis des Himmels. "Siehst du, Elias. Der ganze Himmel ist voller Sterne. Ist das nicht wundervoll?" Sofias Flüstern durchbricht die Stille. Es ist dieser Satz, dieses vorsichtige Flüstern, das mich den Moment niemals vergessen lassen wird. "Du wirst es nicht glauben, ich habe noch nie eine Sternschnuppe gesehen." Sofia lächelt. "Es ist nicht so, dass du noch nie eine Sternschnuppe gesehen hast. Du hast nur noch nie in den Himmel geschaut und auf eine gewartet!" Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Als Kind habe ich mich gefragt, wo die leuchtenden kleinen Punkte am Himmel herkommen. Waren sie warm, oder wäre es besser, dort Winterstiefel zu tragen? Ich machte mir Gedanken darüber, ob man mit dem Flugzeug zu ihnen fliegen, auf ihnen landen und auf ihnen laufen konnte. In den Himmel geschaut und auf eine gewartet, das habe ich nie! Vielleicht passiert das manchmal mit dem Leben. Wir warten, bis die Tage vergehen und uns irgendetwas findet. Dabei müssen wir uns auf die Suche machen. Es wird das kommen, wonach wir uns sehnen. "Erinnerst du dich an früher? Wir haben Indianer gespielt und über unsere Zukunft fantasiert. Wir haben wegen  Schürfwunden geweint und unter unserem Mandelbaum Hochzeit gespielt. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, wo wir nicht mehr über Zukunft fantasieren können, weil sie eingetroffen ist. Wir können nicht mehr unterm Mandelbaum Hochzeit spielen, weil wir zu erwachsen dazu sind. Die Zeit, in der man wegen Schürfwunden weint, ist vorbei. Stattdessen gibt es seelische Wunden, die in einem drin passieren und uns traurig machen." "Wenn wir in den Himmel schauen, sehen wir die Vergangenheit. Ich erinnere mich also genau daran, wie es früher war!" Sofia legt ihren Kopf auf meine Brust. Ich rieche ihren warmen Körper. Ein Duft, der mir so vertraut ist und mich trotzdem jedes Mal verrückt macht. Sie blickt mich an. Niemand sagt etwas. Ich sehe die Umrisse ihres Gesichts. Die leuchtenden, tiefbraunen Augen verleihen Sofia etwas Wildes, geradezu Magisches. Ich streiche ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie umschließt meine Hände. Unendliche Ruhe macht sich in mir breit. Sofia legt mir eine Hand auf mein Ohr: "Damit du vor dem Lärm dieser Welt geschützt bist. Und wir uns nie wieder verlieren. Denn du musst wissen, ich liebe dich. " Meine Augen sind noch offen. Ein winziges kleines Steinchen leuchtet am Himmel auf und erlischt wieder. Mit geschlossenen Augen wünsche ich mir etwas, nach dem ich mich lange sehne.

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